Gertrude Degenhardt lebt und arbeitet seit nahezu 50 Jahren wechselweise in Rheinhessen und an der irischen Westküste. Einige ihrer Zyklen sind zuerst in Deutschland vorgestellt worden. Andere, wie z.B. Fiddle & Pint sind zum ersten Mal in Dublin gezeigt worden und dann zu uns gekommen. Ihre liebenswerten und skurrilen Gestalten von der irischen Westküste, vielfach handfeste Trinker und Spieler, sind auch in Radierungen und Farbradierungen aus früheren Jahren zu betrachten.
In den letzten Jahrzehnten entstanden Vagabondage – Zyklen wilder Frauen – als Aquarelle, Pinselzeichnungen und Grafiken, überwiegend als Kaltnadelradierungen: Women in Music, Vagabondage in Blue, Vagabondage en Rouge, Vagabondage Ad Mortem mit dazugehörenden Büchern.
Im Vorwort zum Katalog-Buch berichtet Bob Quinn, ein an der irischen Westküste lebender Autor, Fotograf und Filmemacher, der mit dem Werk Gertrude Degenhardts seit langem vertraut ist, von der Radierung einer jungen Dame mit knöcheltiefem Rock, die die Fiddle spielte: „Wie die Eleganz in die irische Musik kam“. Die Radierung machte Quinn bewusst, was für eine genaue und lachende Beobachterin Gertrude Degenhardt ist – nicht nur in ihrer Wahlheimat Irland, sondern von Menschen im allgemeinen. Sie spricht über die Menschheit, offenbart uns unsere eigene Absurdität und erinnert uns an eine unserer wenigen erlösenden Kräfte: die Musik.
Die Behändigkeit im künstlerischen Erfassen einer Gestalt, ihr genauso virtuoser Strich, wie wir ihn bei ihren Musikerinnen finden, erinnert uns an die Los Caprichos von Goya (1796-1799)…. Ernest Hemingway schreibt im Tod am Nachmittag (1932) über den Spanier „…er glaubte an Bewegung, an Malen, an Radieren, an das, was er gesehen, gefühlt, berührt, (…) gerochen, genossen, getrunken, gelitten, (…) gehasst, begehrt, (…) bewundert, verabscheut und zerstört hatte“.
Gertrude Degenhardts Frauen und Männer sprechen nicht anders zu uns – intensiv, ernst, heiter, nüchtern und trunken, erotisch und asketisch – aus der Vielzahl an Pinselzeichnungen und Graphiken erschließt sich nicht nur das Werk der genialen Künstlerin, das Leben an Irlands Westküste, es ist auch unser Leben zur Jahrtausendwende. ( Wolfgang Böhler)
Auszeichnungen
Gertrude Degenhardt erhielt eine Reihe internationaler Preise. Hier eine Auswahl:
2019 – Hannes Gaab Preis der Stadt Mainz (Bericht in Allgemeine Zeitung)
2001 – Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz
1978 – Silbermedaille auf der Weltausstellung für Buchkunst in Tel Aviv, für das von ihr illustrierte Liederbuch „Das sind unsere Lieder“, hrsg. von Hein & Oss Kröher
1976 – Graphik-Biennale-Preis in Fredrikstad/Norwegen
1968 – Graphik-Biennale-Preis in Kraków/Polen